21. Januar 2018

Silberparty mit Jimmy


Eigentlich kommen an dieser Stelle ja Konzertberichte und Plattenbesprechungen ans Tageslicht, zumindest gelegentlich. Aufgrund der Besonderheit der Veranstaltung erzähle ich Euch heute aber etwas über eine sensationelle Silberhochzeit, der ich neulich beiwohnen durfte...

Dazu muss man wissen daß bei uns auf dem platten Land schon herkömmliche Hochzeiten ein unglaubliches Highlight darstellen können. Kein Halten gibt es jedoch, wenn vorab ein strikter Partymodus (Anzug- / Abendkleidverbot👍) "befohlen" wurde. So geschehen am 12. Januar in der Borghorster Partylocation No.1, der "Soccerworld". Anja und Udo feierten dort ihr 25.Ehejubiläum mit sämtlichen Freunden, also der Crème de la Crème 😁. Kinder, wie die Zeit vergeht.

So erwähnenswert das alles auch so schon wäre, setzten die Beiden dem Ganzen aber die Krone auf, indem sie, unterstützt von ihren Töchtern Sophia und Ann-Kathrin, einen Special-Guest aus dem Norden der Republik einluden. Mich als Musikfan hat das natürlich dermaßen begeistert daß ich mir diesen Bericht nicht verkneifen kann.

Jimmy Cornett heißt der Gute, der es Udo und mir schon nach seiner dritten CD "The Ride" reichlich angetan hatte. Und spätestens nach seinem Auftritt im Rheinenser Hypothalamus sind auch die Damen auf der Zielgeraden des Fan-Daseins. Meinen Bericht von damals finden Interessierte hier (Marisa schießt übrigens die deutlich besseren Fotos, danke dafür !).

Udo schaffte sich jedenfalls relativ zügig sämtliche CDs an, was seinem Anhang natürlich nicht verborgen blieb. Und so nahm die Sache ihren Lauf...ein, zwei Mails Richtung Hamburg und die Sache war klar, Jimmy Cornett würde nach Borghorst kommen ! Ich wurde zwar eingeweiht, sollte aber meine Klappe halten, was mir schlichtweg unmöglich erschien. Das war hart aber irgendwie ging es...naja, fast😋.

Daß ein Bericht wie dieser vor stolzen Eindrücken jeglicher Art nur so strotzt ist leider unumgänglich. Wie soll man ansonsten erklären, welche Aufregung allein die Ankunft eines Künstlers für uns, die ihre "Stars" ja nur von einer Schallplatte oder CD kennen, gewesen ist ? Jimmy Cornett betritt die Soccerworld und ist...hurra, ein ganz normaler Mensch, der uns allen freundlich die Hand gibt und erste neugierige Fragen beantwortet. Ist doch klar, man will wissen wie das Musikerleben ist, wie Platten produziert werden und so weiter und so fort. Mir persönlich sind die meisten Fragen aber gar nicht eingefallen, Jimmy hat von sich aus eine ganze Menge erzählt und den Abend in die richtige Spur gelenkt.




Nachdem der Großteil der Gäste eingetroffen war und DJ Uwe seine ersten Klassiker raus gehauen hat, schnappt sich der Star des Abends einen Barhocker, stöpselt seine Akustische in den Verstärker ein und legt kraftvoll los mit seiner Musik, einem Mix aus knackigem Bluesrock mit Rock'n'Roll-Einschlag. Zu kraftvoll vielleicht für den einen oder anderen Besucher älteren Datums, aber es war ja kein Kindergeburtstag 👶😀. Denn so sehr sich Jimmy Cornett auch bemühte, die Resonanz ließ anfänglich ein wenig auf sich warten. Trotz toller Songs wie Guardian Light oder The Ride lauschten die meisten Gäste lieber aus der Ferne, man konnte aber spüren, wie gut seine Songs ankamen. Da sich unter den Leuten natürlich nur wenige Konzertgänger befanden, kann man das auch irgendwie verstehen. Deshalb schwenkte der Hamburger kurzerhand um und präsentierte Coversongs von Springsteen (I'm on Fire) bis John Lee Hooker (Boogie Chillun) und siehe da, es wurde getanzt ! Die Begeisterung nahm ihren Lauf und während Country Roads und Sweet Home Alabama das ca. einstündige Set beendeten, kochte die Bude endgültig.

Für Jimmy Cornett war es vielleicht ein ungewohnter Auftrag, eine Silberhochzeit zu rocken, er hat das aber sehr souverän gemeistert und seine professionelle Einstellung bewiesen. Mehr noch, er hat uns restlos begeistert und wir sind fortan sein Fanclub aus Borghorst ✌, zumindest im Herzen...




Biancas und mein Dank geht an Anja und Udo, es war eine ganz ganz tolle Fete, wir hatten einen Riesenspaß, der durch DJ Uwe bis zum Ende unter Hochspannung gehalten wurde. Das Soccerworld-Team sei ebenfalls gegrüßt, es macht immer wieder Spaß mit Euch !

11. Dezember 2016

Gesehen am 10.12.2016 : Abandon Hope / My'tallica im Hypothalamus Rheine

Dass sich das Hypothalamus in Rheine mehr und mehr zum Treffpunkt für Freunde guter Nachwuchsbands entwickelt hat, liegt nicht nur an der Begebenheit der Lokalität mit ihrem gemütlichen Club-Charakter. Eine gute technische Ausstattung bietet den Musikern die Möglichkeit, sich angemessen zu präsentieren. Zuguterletzt sorgt auch Betreiber John Scholten mit seinem feinen Näschen dafür dass immer wieder hochkarätige, aber noch unbekannte Acts aus dem lokalen und auch internationalen Umfeld den Weg nach Rheine finden. 


Gestern Abend standen die Leute in erwartungsvoller Haltung vor den Türen des Hypothalamus, "Deutschlands meistgebuchte Metallica-Coverband" My'tallica bestaunen zu dürfen. Bei nasskaltem Wetter macht das erfahrungsgemäß erstmal nicht soo viel Spaß. Für allgemeine Erheiterung sorgten die gescheiterten Einparkversuche eines jungen Herren direkt vorm Hause und ein leicht zugedröhnter Passant, der erstaunt war, dass "Metallica" auf so kleiner Bühne aufträten... und das auch noch für günstige 20,-€. Er hätte aber des Nachts so schlecht geschlafen, also könne er leider nicht...Sachen gibt's. 


Gegen 20Uhr betraten zunächst Abandon Hope aus Warendorf die Bühne. Was soll ich sagen, der energiereiche NY-Hardcore- / Stoner-Mix des Vierers aus dem Münsterland gefiel den Anwesenden eine knappe Stunde lang von der ersten bis zur letzten Sekunde. Statt reinem Gebolze Qualität, Sänger Hommel erinnerte phasenweise an Keith Caputo (Life Of Agony). Und auch sonst gab die Band ein starkes Bild ab, Gitarrist Waik, Basser Max und Schlagzeuger Alex sind absolut sicher an ihren Instrumenten, super aufeinander eingespielt und grooven total.


Die Songs des zweiten Longplayers Settle The Score, insbesondere Right Or Not kommen auf der Bühne deutlich druckvoller rüber als auf der heimischen Anlage und machten gestern Abend einfach Spaß. Allen Freunden knallharter Klänge mit Melodie darf ich empfehlen, die Augen offen zu halten, es lohnt sich absolut, die Band live zu sehen !!! 

Gelegentlich drosselten Abandon Hope das Tempo und kamen immer fetter herüber, wobei mir dabei immer wieder der leicht doomige Groove-Metal der Marke Pantera bzw. Down in den Sinn kam.


Leider war der Gig recht kurz gehalten, trotzdem haben die Jungs ihre Klasse demonstriert. Nach einem saustarken Locomotive-Breath (Jethro Tull) -Cover und einer schönen Akustiknummer war für mich klar dass eine noch so gute Coverband ohne eigenes Songmaterial es durchaus schwer haben würde....

Den Auftritt von My'tallica fasse ich einfach mal kurz und knapp zusammen: Das Cover-Genre an sich bereitet mir stets eine Freude. Es bringt immer noch deutlich mehr, sich eine Band ohne eigenes Songmaterial anzusehen, als sich an einem Samstagsabend doof vor die Glotze zu setzen. Außerdem trifft man nette Leute und hat ganz nebenbei gute Unterhaltung. 

Allerdings frage ich mich ob es Spaß macht, ständig Material zu spielen, welches man nicht selber komponiert hat. Es ist wohl eine große Portion Idealismus und sicherlich auch ganz schlicht und ergreifend "Brötchen verdienen", was ja keine verwerflichen Gründe wären...


Jedenfalls haben Andreas Adam (James), Stephan Zender (Lars), Tom Botschek (Kirk) und Martin Iordanidis (Cliff, Jason und Robert) einen sehr soliden Gig hingelegt und getan was eine Coverband tun kann: Sie haben den Leuten 120 Minuten lang die Musik der Band geboten, die man heute eben nicht mehr für'n Zwanni und vor allem nicht mehr in diesem intimen Ambiente sehen darf, aber eben auch nicht mehr. Dafür mein Respekt und meine Hochachtung. Drummer Stephan hat übrigens geschafft, was ich vorher bei keiner anderen Coverband bestaunen durfte: Er hat den Original-Schlagzeuger in Abwesenheit total an die Wand gespielt, sein überaus präzises Spiel und die Killer-Doublebass sind ein Sahnehäubchen !

28. Januar 2016

Falckenstein - Feuerstuhl



Nature / Metronome 0060.268 - 1980 - 43:15 Min.

  Die Songs :

Seite 1
  1. Feuerstuhl
  2. Deutscher Sonntagnachmittag (Fahrverbot!)
  3. Sei gut drauf (Der Endgültige!)
  4. Herr von Falckenstein


 Seite 2
  1. Graues Meer
  2. Sehnsucht
  3. Im Quellengrund
  4. Kein schöner Land


Eine von Goethe aus dem Elsaß mitgebrachte Volksweise mit dem Titel "Herr von Falkenstein" (ohne "ck") bewog einst die Gruppe, um die es heute gehen soll, sich einen prägnanten Namen für ihr Vorhaben zuzulegen. Ob das deutsche Adelsgeschlecht gleichen Namens (mal mit, mal ohne "ck") dabei auch eine Rolle gespielt hat, ist mir bisher verborgen geblieben. Die Historiker unter Euch werden das sicher wissen...

Betrachtet man das Cover von Falckenstein's LP Feuerstuhl, stellt man sich vielleicht nicht ganz zu Unrecht die Frage nach dem musikalischen Inhalt der Platte und ob man wirklich das Werk einer Folk-Gruppe in den Händen hält. Irgendwie wollen Motorräder und Volkslieder nicht so recht zusammenpassen...
 So stand ich neulich also etwas irritiert im Plattenladen und entschied mich, einer mir unbekannten Band mit Bezug zur Stadt Münster mal eine Chance zu geben. Bin ja ohnehin ständig um Nachschub bemüht und ausserdem ein Fan guter Musik aus der Heimat...

Tja, was soll ich sagen, die Anschaffung hat sich definitv gelohnt. Doch bevor ich verrate warum, noch schnell zu den Wurzeln Falckensteins: Die Grundsteine wurden vom Geiger Michael Thaut und dem Gitarristen Martin Hannemann bereits im Jahr 1973 in Münster gelegt. Hannemann hatte während einer Abitur-Klassenfahrt nach London ein Konzert der irischen Folkband The Dubliners gesehen und war offensichtlich so angetan, dass er beschloss, eine eigene Band zu gründen. Thaut und Hannemann spielten fortan unter dem Namen Rambling Pitchforkers und sammelten erste Erfahrungen, indem sie die Musik der Dubliners coverten. Mit dem später hinzugekommenen Multiinstrumentalisten Thomas Kagermann entstand schließlich Fiedel Michel, eine bis heute geschätzte Folkband. Die zeitweise zum Quintett herangewachsene Gruppe (der Gesang wurde zeitweise durch Elke Herold und Monika Domin ergänzt) erspielte sich einen Namen in der Folk-Szene und unterstützte die ersten Gehversuche der Anti-AKW-Bewegung in NRW, indem sie den gewaltfreien Widerstand gegen die Atomkraft propagierte.



Sprung ins Jahr 1980.

  In der Besetzung Monika Marie Domin (Hackbrett, akustische Gitarre, Gesang), Mick Franke (verst.2001, Bass-Bouzouki, Bouzouki, akustische Gitarre, E-Gitarre, Gesang), Thomas Kagermann (Geige, akustische Gitarre, Dudelsack, Piano, 12 saitige E-Gitarre, Gesang), Peter "Plüff" Löwner (verst.2007, fretless/bundloser Bass, Gesang), Joachim Luhrmann (Schlagzeug, Percussion, Gesang) und Wendelin Werner (6- und 12-saitige E-Gitarre, akustische Gitarre) nimmt die Band unter Mithilfe des Männergesangsvereins Neunkirchen-Seelscheid (und weiteren Gastmusikern) in Conny Plank's "Conny's Studio" Aufnahmestudio (Kraftwerk, Jane, DAF, Ideal, etc.), auf. 
Ergebnis ist eine, dem damaligen Zeitgeist entsprechende, aber doch ungewöhnliche Schallplatte.

Thematisch drehen sich sämtliche Songs um die Freiheit, die Reise durch unser schönes Deutschland. Wo andere deutschsprachige Bands dieser Zeit textliche Inhalte weitaus konservativer formulieren mussten, siehe DDR-Bands wie Karat, die in Songs wie Albatros (...Sklaven der Erde) die Sehnsucht nach Freiheit aus Angst vor Zensur und Repressalien nur verschlüsselt mitteilen konnten, ging es vielen westdeutschen Interpreten dabei viel eher um Dinge wie Freizeitbeschäftigung und Lebensgefühl. 

Ab dem Jahr 1980 setzte sich eine musikalische Neuorientierung durch; die Neue Deutsche Welle. Diese brachte mit der Abkehr vom Schlager, hin zum frechen Ableger der englischsprachigen Punk- und New Wave Szene einen Wandel, dem sich...und damit wären wir wieder beim Wesentlichen, allzu offensichtlich nicht einmal bodenständige Folk-Bands wie Falckenstein komplett entziehen konnten oder mochten.

Glücklicherweise handelte es sich 1980 noch um die Frühausleger der NDW und nicht um deren peinliches Ende ein paar Jahre später. Spürbar wird das im Text des titelgebenden Openers, dessen lässig-lockerer Chorus"Vorwärts, Vollgas, raus aus dieser Stadt, hinaus bis ans Ende der Welt, denn das Leben zu leben, sich den Träumen hinzugeben ist besser als ein Arsch voll Geld...usw" um damals angesagte Jugendjargon-Ausdrücke wie "easy", "cool" erweitert wurde und somit durchaus mit dem Zeitgeist flirtete. Heute klingt das eher altbacken, dokumentiert aber wunderbar die Veränderungen unserer Sprache. Darüberhinaus sickerte ein prägendes, elektronisches Instrument in die Musik ein; der Synthesizer. 
In Sei Gut Drauf (Der Endgültige) verquickt die Band einen halbwegs tanzbaren Funk-Beat inklusive funkig-geslapptem Bass (damals auch sehr angesagt) mit einem Moog-Grundthema, was wiederum eher auf Jazz-Einflüsse (der Moog wurde von Hendrik Schaper, der seinerzeit Klaus Doldinger's Passport begleitete, eingespielt) und einem Annäherungsversuch an die DISCO-Ära schliessen lässt.

Die wirkliche Faszination dieser Platte machen für mich aber andere Stücke aus. So bekommen wir gleich mit dem zweiten Song Deutscher Sonntagnachmittag (Fahrverbot!) ein wunderbares Instrumental präsentiert. Die maximal entspannte Stimmung, die hier eine elektrische Gitarre am Anfang erzeugt, wird zunehmend von Monika Marie Domins Hackbretteinlagen dominiert. Wie die Nummer allerdings eine Assoziation zum ölkrisenbedingten Fahrverbot der frühen und späten 70er herleiten soll, ist mir schleierhaft.

"Es reit der Herr von Falkenstein, wohl über eine weite Heide. Was sieht er an dem Wege stehn? Ein' Jungfrau mit weissem Kleide..."

Wer sich irgendwann einmal in die heimatsprachliche Musik verliebt hat, wird Songs wie Herr Von Falckenstein nur schwerlich widerstehen können. Auf der einen Seite lässt es sich wunderbar zuhören, wie die Geschichte sich einst zugespielt haben könnte, zum anderen ist diese bei einer Gruppe mit entsprechender Vorgeschichte, wie Falckenstein sie eben hatte, bestens aufgehoben. Die musikalische Umsetzung ist meisterhaft gelungen und dürfte auch im Jahr 2016 den einen oder anderen Hörer begeistern. So bekommen wir neben mehrstimmigem Gesang ein Wechselspiel zwischen dem Herren und schönen Maid zu hören, und wird die Rolle der Hauptakteure dieser Story sehr schön umgesetzt. Hörenswert ist aber auch der knapp vierminütige Instrumentalteil der Nummer. Das Hackbrett, diesmal sehr portioniert und im Wechsel mit einer akustischen Gitarre, dann der Übergang in ein schönes Saxophon-Solo. Grandios !

Der Opener der zweiten Seite, Graues Meer (Komponist: Walter Scherf, Märchenforscher und Hobbit-Übersetzer), profitiert wieder von Domins hervorragenden Fähigkeiten. Ihre glasklare Gesangsstimme nimmt, ebenso wie ihr Hackbrettspiel erneut vom Fleck weg gefangen. Grundsätzlich fühle ich mich hier allerdings, spätestens mit dem Einstieg des Synthesizers, der mich an den Sound von Lutz Rahn erinnert, an eine weitere meisterliche Gruppe dieser Stilrichtung erinnert: Novalis.
  
Es folgt mit Sehnsucht ein von der elektrischen Gitarre dominiertes und sehr entspanntes Instrumental, bevor Kagermanns Geigenspiel den vorletzten Titel Im Quellengrund einleitet. Ebenfalls ohne jeglichen Gesang, dominiert die Geige dieses knapp siebenminütige, dritte Instrumental auf Feuerstuhl. Mir persönlich wird das jetzt eine Spur zu viel, aber dem einen oder anderen wird die Demonstration der Fähigkeiten der Musiker sicher gefallen.

Das abschliessende Volkslied Kein Schöner Land wird eingeleitet vom Männergesangsverein aus Neunkirchen-Seelscheid. Im Ortsteil Wolperath, dem damaligen Sitz des 1987 verstorbenen Studiobetreibers Conny Plank, wurde die Platte produziert, so kam die Zusammenarbeit mit dem MGV sicher zustande. Deren Gesangsspur wird immer wieder unterbrochen von instrumentalen Einspielungen der Band. Die ebenfalls eingespielten Ausschnitte der Hitler-Ansprache vom 1.September 1939 vor dem deutschen Reichstag "...seit 5:45 wird zurückgeschossen" und der anschliessenden Synthesizer-Imitation vom Klang fliegender Bomber mag man finden wie man will...ich persönlich sehe es 77 Jahre später eher als Mahnung vor ausufernder Selbstzufriedenheit Deutschlands im Jahr 1980, denn als irgendetwas anderes. 

Im Jahr 2016 täte unserer Republik eine solche musikgewordene Aufforderung zum Nachdenken sicher erneut ganz gut, jedoch muss man angesichts der derzeiten Lage und dem Verhalten unserer ach so besorgten "Wutbürger" in den sogenannten sozialen Netzwerken konsultieren, dass die Bemühungen Falckensteins gut gemeint aber nicht sehr nachhaltig waren. 

Ich möchte betonen, wie viel Spaß es mir gemacht hat, Feuerstuhl aus meiner Sichtweise als Hörer zu zerlegen und zu versuchen, ein paar Hintergründe herauszufinden. Wer die Scheibe findet und auf den beschriebenen Inhalt steht, sollte unbedingt zugreifen. Alle anderen Hörer können sich sicher sein, daß ihre Sammlung um eine Scheibe bereichert wird, die im ersten Moment merkwürdig tönen mag, aber im Laufe der Zeit wächst und als nachhaltige Anschaffung betrachten. 

Mir gefällt der Feuerstuhl persönlich sehr gut und ich verabschiede mich bis zur nächsten Platte.


Bernd

31. Dezember 2015

Auf ein Neues...




Liebe Freunde,
auch wenn ich hier nicht wirklich viel von mir gebe habe ich doch ständig Musik im Kopf. Ich höre viele neue und alte Platten und rezensiere für ein Online-Magazin immer wieder aktuelle Veröffentlichungen. Und manchmal bleibt halt auch mal Zeit für eine gute Scheibe mit Bezug zum Münsterland, das Ergebnis ist ja dann hier nachzulesen...
Ganz nebenbei gibt es aber ja auch das reale Leben. 

Das Jahr 2015 neigt sich dem Ende zu und wieder ist viel passiert. Die Welt kommt einfach nicht zur Ruhe, Menschen sind zu uns gekommen um Not und Terror zu entfliehen, Musiker und neue Bands sind gekommen und einige leider auch von uns gegangen. Tolle Platten wurden veröffentlicht und jeder von Euch hat sicher seine persönlichen Highlights und Tiefschläge erlebt. Neben allen großen und kleinen Katastrophen gibt es aber auch unendlich viel Gutes auf dieser unserer Erde. Menschen helfen Menschen und lassen sich von geblendeten Idioten nicht beirren.

Ich wünsche mir dass das Gute siegt und natürlich wieder viel tolle Musik veröffentlicht wird. Euch einen guten Rutsch ins neue Jahr, Gesundheit und alles erdenklich Gute für 2016. Im nächsten Jahr werde ich sicher wieder ein paar interessante Platten oder Gigs für Euch besprechen. Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist.

In diesem Sinne...

8. November 2015

Gesehen am 6.11.2015 : Jimmy Cornett and The Deadmen / The Prymates im Hypothalamus Rheine


Ein tolles Konzert im gut gefüllten Rheinenser Hypothalamus liegt hinter uns. 
Inhaber John hatte zum Abend mit Jimmy Cornett and The Deadmen geladen. Die Location glänzt durch eine gepflegt-gemütliche Atmosphäre und zügiger, aber unaufdringlicher Bewirtung an den im hinteren und seitlichen Bereich schön platzierten Tischen. So lässt es sich aushalten. 

Der Chef eröffnete den Abend gegen 20 Uhr mit seiner üblichen Ansage der Marke Alan Bangs und ab ging es mit der Münsteraner Vorgruppe The Prymates um Sänger Gordon, dem (hoffentlich tue ich ihm jetzt nicht Unrecht) geschätzt um die 60-Jährigen, gebürtigen Briten mit seinen Jungs. Der Mann hat eine unglaublich kraftvolle Stimme und der zunächst leicht rumpelig-zaghafte Pubrock wusste mit zunehmender Spielsicherheit so zu gefallen, daß meine holde Gattin sich voller Begeisterung gleich die CD von den stolzen Bandmitgliedern signieren ließ. Die Band spielt übrigens am 12.Dezember direkt bei uns in Borghorst (Cafe Klön), da sind wir natürlich gerne wieder dabei und berichten.


Dann Jimmy Cornett & The Deadmen. Leute ! Wenn ihr mal die Möglichkeit habt, geht da unbedingt hin !!!
Die Livepräsenz der vier Vollblutrocker ist nicht ansatzweise zu vergleichen mit den ohnehin schon guten Studioaufnahmen. Stellt Euch mal vor, die Stray Cats treffen auf John Lee Hooker. Das Ganze gewürzt mit einem trotz rauher Schale hochsympatischen Frontmann, und einer tollen Band. E-Gitarre, Upright-Bass und ein Phil Rudd-Klon (ohne Dauerfluppe) an den Kesseln. Ihr, ich nenne es mal Boogie’n'Roll zieht sogar die Fanschar aus Ostfriesland ins dröge Münsterland und das will was heissen. Cornett selber erfreut sich beim Anblick der Zuschauer, so um die 150, über stetig wachsende Zahlen. Und als hätte es ZZ-Top nie gegeben, grooven sich die Jungs in eine gut 3-stündige!!!! Ekstase, die dem Publikum alles abverlangte, mir persönlich aber etwas zu lang dauerte. Besonders die Cornett’schen Improvisationen haben mir phasenweise etwas den Zahn gezogen, einfach nur deshalb, weil sie zu lange dauerten. Jedenfalls zockten sich die Deadmen durch die Highlights ihrer beiden Alben Raise The Dust und The Ride, insbesondere Devil Got My Soul, Guardian Light und Lecker sind wahre Live-Hämmer. Mein persönliches Highlight war allerdings die gelungene Version des Hooker-Hits Boogie Chillen'...da teilt sich die Spreu vom Weizen und die Jungs haben die schwierige Nummer mit Bravour und viel Groove gemeistert.
Chapeau !

Ganz nebenbei waren wir von der Atmosphäre im Hypothalamus wieder mal begeistert.

Ausgelaugt aber glücklich, ging es mit knurrendem Magen um halb zwei Nachts erstmal ins nächstbeste Qualitäts-Schnellrestaurant und so endete der knackige Abend mit einem fettigen Fast-Food-Happen...

7. September 2015

Mad Max - Thunder, Storm And Passion




Steamhammer / SPV - 28.August 2015 - 52:55 + 41:59 Min. 
www.madmaxofficial.de


Die Songs:
  1. Losing You
  2. Rolling Thunder
  3. Thoughts Of A Dying Man
  4. Never Say Never
  5. Lonely Is The Hunter
  6. Stormchild
  7. Heroes Die Lonely
  8. Burning The Stage
  9. Wait For The Night
  10. Night Of Passion
  11. Heart's On Fire 
  1. Burning The Stage
  2. Night Of Passion
  3. Rolling Thunder
  4. Wait For The Night
  5. Lonely Is The Hunter
  6. Never Say Never
  7. Fly Fly Away
  8. Thoughts Of A Dying Man
  9. Fox On The Run
 

Rollin' Thunder und Stormchild heissen die beiden Platten aus der Mad Max Frühphase ('84,'85), die ich nach dem Willen meines damaligen Berufsschul-Kollegen "unbedingt und sofort kaufen" musste. Die beiden Scheiben gehörten denn auch jahrelang zu meiner Sammlung, irgendwann verlor ich die Jungs aber aus den Augen. Der melodiöse Metal, für den Mad Max standen (und stehen), hatte es mir dann doch nicht so sehr angetan, "Poserkacke" war das damals für uns Thrash Metal Fans. Aber: Es sind viele gute Songs hängengeblieben, Rollin' Thunder habe ich mir neulich sogar als CD noch einmal gekauft. Und als ich dieser Tage las, dass die Jungs die besten Stücke ihrer Alben Rollin' Thunder, Stormchild und Night Of Passion neu eingespielt haben, war im Grunde klar dass ich da mal reinhören sollte.

Thunder, Storm And Passion kommt im Doppelpack, auf der ersten CD gibt es erwähnte Klassiker, CD2 bietet ein klasse Konzert des Bang Your Head Gigs aus dem Jahre 2014.


Die Frage bei Neueinspielungen ist ja, was sich Band und Käufer davon versprechen. Ich habe durchaus ein wenig schlucken müssen als ich Sänger Michael Voss nach so langer Zeit wiedergehört habe und er mit seinen ersten, deutlich rauheren Tönen in Fly Fly Away oder Rolling Thunder einstieg. Es liegen immerhin satte 31 Jahre zwischen Original- und Neuaufnahme, was man seiner Stimme deutlich anhört. Ich meine das aber überhaupt nicht negativ, denn Voss kann es immer noch, ich finde ihn heute nicht schlechter als früher. Eben anders. Ich schwelge denn auch schnell in alten Zeiten, als ich Mad Max in meinem alten Audi80 aufgedreht habe. Fans werden sowieso zugreifen und wer die Jungs um Gitarrist und Bandgründer Jürgen Breforth bisher noch nicht kennt, kann hier einen schönen Einstieg finden. Ausserdem sollte man die Augen offen halten, vielleicht finden sich die alten Originalplatten ja noch irgendwo, da lohnt der Zugriff nämlich auf jeden Fall.
Mein ewiges Highlight, Thoughts Of A Dying Man habe ich auch in dieser Version als echte Perle ausgemacht und mit den letzten vier Tracks die Höhepunkte des mir unbekannten vierten Albums Stormchild kennengelernt. 

Selbst wenn es Mad Max nicht ganz an die Spitze der deutschen Metalbands geschafft haben, woran auch immer das gelegen hat, möchte ich sagen: An der Qualität ihrer Musik hat es nicht gelegen.

Ich darf Mad Max gratulieren, die Aktion hat sich gelohnt. Dazu gibt es eine zweite CD, die einen knackigen Live-Mix der Mad Max Classics enthält, plus dem The Sweet Cover und damaligen Hit Fox On The Run (wurde übrigens seinerzeit auf einer tollen Picture Disc angeboten, die ich leider ebenfalls verscheuert habe...).

Leute, nehmt Euch einfach mal einen Moment Zeit und hört in Thunder, Storm And Passion rein. Wer auf Bands wie Dokken, Bonfire oder von mir aus auch Bon Jovi steht, liegt hier garantiert richtig.


9. Juni 2015

Blueshifters - Mood for Blues


2015 - 23:10 Min.

Die Songs:
  1. Mood For Blues
  2. Born Under A Bad Sign
  3. Tush
  4. I'll Take Care Of You
  5. You Can Have My Husband
  6. Dengue Woman 

7 von 10 : De Pankoken is rund


Daß das Münsterland eine ganz feine Bluesband sein "Eigen" nennen darf, durften Kumpel Udo und ich im letzten Herbst erfreulicherweise feststellen. Die Blueshifters gaben an jenem Abend im November im Altenberger Mixed ihr Stelldichein. 



Der Münsteraner 5er, bestehend aus Schlagzeuger Ingo Baving, Bassist Christian Bülter, Gitarrist Lukas Bartholomei und dem Gesangsduo Sonja Hamberger und Christoph Goldkuhle, schaffte es vom Start weg, das zahlreiche Publikum zu begeistern. Dabei kann Bluesrock, so angenehm er sich hören lässt, so schwer sein. Wenn diese Musik nämlich nicht groovt oder gar unterkühlt 
wirkt, und da können die Protagonisten noch so versiert sein, springt kein Funke über. Im Fall der Blueshifters sieht es glücklicherweise so aus, dass das Gesamtpaket einfach passt. 

Die Band hat mit dem Gesangsduo Sonja und Christoph einen Glücksgriff getan und zwei markante Aushängeschilder ganz vorn im Ring. Ingo und Christian machen in ihrer Eigenschaft als Rythmussektion auf den Punkt was sie sollen, und bereiten den soliden Nährboden für eine Teamleistung, die sich wirklich hören lassen kann. Und sowas macht live eben viel Laune...



Womit wir bei vorliegender CD wären. Denn die Frage ist, wie die Shifters ihren tighten Sound im  Studio reproduziert haben.  
Ich mache es kurz: Mood For Blues ist exakt das was ich erwartet, worauf ich mich gefreut habe: Sechs Songs, die die Band gestern Abend so noch hätte live spielen können. So ehrlich und griffig wie ich die Blueshifters in Erinnerung habe, präsentieren sie sich auch auf dieser CD, sauber aufgenommen und knackig abgemischt im Mühlheimer Electric Mojoland Studio.

Wir bekommen einen schönen Mix aus verschiedenen Blues, vier Coverversionen und eine Eigenkomposition serviert. Der in feinster Fabulous Thunderbirds-Manier groovende Opener Mood For Blues mit einem kraftvollen Christoph am Mic, eröffnet die CD sehr knackig und überraschend virtuos. Sämtliche Instrumente sind im Mix klar wahrnehmbar und haben ihre Momente. Mood For Blues stammt übrigens aus der Feder von Lukas Bartolomei, dem Gitarristen der Band. Hut ab, die Nummer ist von vorne bis hinten ganz fein durcharrangiert und muss sich vor höherem Anspruchsdenken wirklich nicht scheuen. Mit seinem kurzen Solo im Mittelteil setzt Lukas ausserdem als Gitarrist einen fetten Akzent ! Darüberhinaus möchte ich die feine Harp von Christoph erwähnen. Die Blueshifters dürfen stolz auf den Mann sein, seine Harp dominiert nicht, garniert das Menu aber. Respekt !

Die Blueshifters bei der Studioarbeit

 Albert Kings Standard Born Under A Bad Sign, stilvoll und keinen Deut weniger kräftig garniert vom hellen, sehr schönen Gesang Sonjas, läutet die zweite Runde ein. Mir macht es einfach Spaß, wenn man die Energie einer Stimme wahr- und den Leuten den Spaß an der Nummer abnimmt.
ZZ-Tops Tush, eins der Live-Highlights der Shifters, entfaltet besonders auf der Bühne ihren hart-treibenden Reiz und Mitgröhlcharakter, kann mich auf der CD dann nicht ganz überzeugen. 
Gemeinerweise steigt mir das Original in den Kopf und natürlich verlieren die Shifters dieses Duell. Das hängt vielleicht auch mit der Tatsache zusammen, dass wir eben nicht englischsprachig aufgewachsen sind. Die etwas holprige Aussprache finde ich nicht allzu dramatisch, aber eine Kritik zu schreiben heisst auch solche Dinge anzusprechen. 

I'll Take Care Of You ist eine schöne Nummer aus dem Jahr 1959, im Original von Bobby Bland gesungen und vielfach gecovert. Die Blues-Ballade reisst mich aber ehrlich gesagt nicht vom Hocker. Erstens erscheint mir die CD für eine Ballade um mindestens zwei Titel zu kurz, zweitens hat Beth Hart die Messlatte dank ihrer einzigartig-souligen Stimme nun mal verdammt hoch gelegt...obwohl Sonja ihre Sache richtig gut macht. Für mich passt es aber einfach nicht.
Dem folgenden (You Can Have My Husband But) Don't Mess With My Man hingegen steht der Umzug ins deutlich bluesigere Lager sehr gut zu Gesicht. Die ursprüngliche R&B Nummer gewinnt an Energie und macht Laune. Sonja blüht regelrecht auf und darf zeigen, was in ihr steckt, immerhin wurde das Stück live im Studio aufgenommen. Auch hier wieder bemerkenswert das pumpende Zusammenspiel sämtlicher Instrumente: Bass, Schlagzeug, Gitarre und Harp...
Das fiebrige Dengue Woman Blues stammt aus der Feder eines gewissen Jimmie Vaughan, dem Gitarristen der Fabulous Thunderbirds (hatten wir die heute nicht schon?) und großen Bruder des 1990 verstorbenen Stevie Ray. Die Nummer kennt ihr vielleicht aus dem Film From Dusk Till Dawn, sie wurde für dessen Soundtrack verwendet. Dengue Woman ist mit über sechs Minuten der längste Track und stellt den Abschluss einer unerwartet schönen CD mit vielen Höhepunkten und ein, zwei Schwächen.
Ich gebe ja immer eine Note, weil sich das so gehört und möchte meinen dass sieben von zehn angemessen sind.
Die Blueshifters haben echtes Potential und können Songs schreiben. Wenn sie das nun konsequent umsetzen und Gigs bekommen, darf sich die Bluesgemeinde der näheren oder weiteren Umgebung auf eine ereignisreiche Zukunft freuen... 

Wer Interesse hat, die CD der Blueshifters käuflich zu erwerben, melde sich bei Ingo unter I.baving@gmail.com.

24. April 2015

Die Münsterhood : Die Blueshifters haben ihre erste Platte im Kasten !

Werte Freunde gepflegten Bluesrocks !

Wie Schlagzeuger Ingo Baving soeben via Facebook verlauten lässt, stehen die
Blueshifters kurz vor der Fertigstellung ihres ersten Albums. 
Die noch unbetitelte CD wird in den "nächsten Wochen" erscheinen. 

Mehr demnächst auf Münsterland Rocks...

Ein erster Vorgeschmack für alle Ungeduldigen :


Ich nehme den Mund wohl nicht zu voll, wenn ich behaupte daß wir uns auf 
ein starkes Album freuen dürfen...
 

12. Januar 2015

Nitro - Logitronic / Schizo


1982 - 9:14 Min.
Keine Homepage, kein Label

Die Songs:

A - Logitronic 4:44
B - Schizo 4:30

8 von 10 :  Hoot af

Ein ganz besonderes Juwel münsterländischer Musik ist mir vor ein paar Jahren (wieder) in die Hände gefallen. Die Steinfurter NITRO hatten Anfang der 80er Jahre eine EP mit nur zwei Songs (Logitronic und Schizo) in Eigenregie veröffentlicht. Die inzwischen rare Scheibe möchte ich Euch jetzt gern vorstellen.

Vorab jedoch noch schnell eine Anmerkung in eigener Sache. Was die Platte für mich persönlich so bemerkenswert macht, ist zwar nebensächlich, aber schnell erzählt: Ich hatte mir in der Zeit der Veröffentlichung, also als junger Teenie, einen Job als Helfer eines Porzellangrosshändlers gesucht. Das war bei der Borghorster Firma Lohmeier, dessen Sohn Gert Keyboarder bei NITRO war. Ich interessierte mich schon damals sehr für Rockmusik und so kamen wir schnell ins Gespräch. Nicht nur, dass der liebe Gert mir beibrachte wie man sich seine Fluppen selber dreht, nein er schenkte mir eine Kopie der soeben veröffentlichten Platte (die in meiner Sammlung allerdings ein kümmerliches Dasein fristete). Meine Musik war das zu der Zeit leider nicht, und als dann Jahre später der Markt von der CD überfallartig geblendet und unterwandert wurde, erging es mir wie vielen anderen Vollpfosten auch. Ich erlag der Versuchung, meine Schallplattenschätze durch emotionlose Silberlinge zu ersetzen. Ihr könnt es Euch sicher denken...auch die NITRO-EP kam bei Rock & Beat in Münster unter den "Ich Vollidiot verschenke heute eine gepflegte Plattensammlung und ärgere mich für den Rest meines Lebens" - Hammer. Ich liess meine Vinylschätze damals jämmerlich im Stich und darf ihnen zur Strafe heute noch hinterherheulen...

Naja, die Jahre vergingen, ich wurde erwachsen, oder sagen wir ich wuchs heran...und in der Nachbarschaft (um es genau zu sagen, ein Haus weiter) stand all die Jahre eine sehr gut erhaltene Kopie herum, von der ich nix wusste. Mein Nachbar hatte nämlich kurz vor mir auch als Helfer für den Gert bzw. dessen Eltern gejobbt und ebenfalls eine Kopie (ja, Gert muss sehr stolz gewesen sein) geschenkt bekommen. Er hat übrigens nie angefangen zu quarzen..

Ich habe sie ihm dann natürlich abgeschwatzt, für ihn auf CD gebrannt und durfte das Teil fortan in mein Plattenregal stellen, wo es heute wohlbehütet aufbewahrt wird. Unnützes Wissen, ich weiss...aber das will halt auch mal erzählt werden. Zurück zum Wesentlichen:

NITRO bestand aus folgenden Musikern:
  • Souly Bäumer - Gesang
  • Udo Dinkelbach - Gitarre / Chorus
  • Gert Lohmeier - Tasteninstrumente / Chorus
  • Achim Plass - Bass / Chorus
  • Hans Joachim Wiens - Schlagzeug

Musikalisch ging das Ganze in die klassische 80er Jahre Deutschrock - Richtung mit ganz leichtem New Wave Einschlag, hörbar beeinflusst von lokalen Bands wie Marylin oder der Törner Stier Crew, als auch von der damals grassierenden Neuen Deutschen Welle, ohne aber die grenzwertige Debilität späterer NDW-Clowns zu erreichen. Der Keyboardsound, besonders in Logitronic hörbar, ist in der heutigen Musik so jedenfalls nicht mehr vorstellbar.

Was mich beeindruckt ist die selbstbewusste Musik und handwerkliche Qualität der damals noch jungen Musiker, als auch die erstaunlich gute Produktion, für die ein gewisser Carl Cordier verantwortlich zeichnete. Dessen 1978 gegründete Firma Westfalen Sound firmiert heute übrigens als PoolGroup GmbH mit Firmensitz Emsdetten und betreut neben musikalischen Events auch Grossveranstaltungen der Politik. Wie gesagt, die Scheibe ist erstaunlich sauber produziert, ob nun Gitarre, Bass oder Schlagzeug, sämtliche Instrumente sind sehr gut heraus zu hören. 

Die Aussage der beiden Stücke ist sicherlich nicht Pulitzerpreis-verdächtig, darf aber als interessant betrachtet werden:  
"Elektronikmenschen, absolut perfekt, atomare Körper, sorgsam durchgecheckt. Unsichtbare Waffen, sauber, sicher, schnell. Digitales Denken, ultradimensionell." oder der Refrain "Elektronik wunderbar, Japan und Amerika...usw." lassen in Logitronic natürlich erkennen, wann die Platte erschien, nämlich 1982, in der Zeit des Kalten Krieges. In der Zeit der beginnenden Computerisierung, die von einer unterschwelligen Verunsicherung durch die Ost-West Politik und der entsprechenden Berichterstattung, als auch enormen technischen Neuerungen geprägt war. Entsprechend unnahbar-unterkühlt ist die Atmosphäre des Stückes denn auch ausgefallen.  

Die B-Seite Schizo hingegen ist eine astreine Rocknummer, die zwar einen eher problembezogenen Hintergrund der Marke "Ich schleiche durch die Gassen uns'rer alten Stadt. Ich hab kein' Bock auf Leute, ich hab die Menschen satt...Schizophrenie" spendiert bekommen hat, durch die bluesrockige Atmosphäre jedoch eher eine lockere Stimmung transportiert. Mir gefällt, dass die Jungs es damals geschafft haben, ihre Musik richtig grooven  und in keinem Moment hölzern oder gar amateurhaft wirken zu lassen. Schade dass es keine weiteren Aufnahmen von NITRO gibt, zumindest ist mir nichts bekannt...

Was die Musiker heute so machen, ist mir bis dato nicht bekannt. Hansi Wiens wohnt in Laer und betreibt ein Busunternehmen, Udo Dinkelbach wohnt in Burgsteinfurt und hat mit seiner Ehefrau ein kleines Heimstudio eingerichtet, in dem er seine eigene Musik produziert, Gert habe ich nie wieder gesehen, er ist aus Borghorst unbekannt verzogen und was der Rest der Truppe macht, finde ich sicher irgendwann einmal heraus.

Ich würde Euch die beiden Songs gern hier präsentieren, möchte dies aber nicht ohne ausdrückliche Genehmigung tun. Mal sehen ob aus dem angekündigten Interview doch noch etwas wird. Vielleicht gibt es dann ja auch interessante Details über die Geschichte der Band NITRO zu vermelden.

So long...

7. Dezember 2014

Gesehen : Stoppok

Freunde der Nacht. 
Ich bin grad zurück aus Münster und lasse den Abend hier noch schnell Revue passieren. Stefan Stoppok hat den zweiten Teil seiner Tour zur aktuellen Platte "Popschutz" eingeläutet, hat die Band in den Weihnachtsurlaub geschickt und präsentiert sich noch bis zum 23.Dezember mit einem Soloprogramm.  
Stoppok und seine Gitarre, sonst nix. Gut, die Füße geben in bester Straßenmusiker-Manier den Rhythmus vor, aber ansonsten Stoppok unplugged.


Tja, und was soll ich sagen. Neben einem miesen Foto habe ich nur Gutes zu berichten. Stoppok zieht mit seiner unnachahmlich schnoddrigen Art und seinem hervorragenden Gitarrenspiel das Publikum vom Fleck weg in den Bann. Seine Musik, sein unnachahmliches Talent, Allerweltsproblematiken und -situationen mit viel Humor, aber treffend-realistisch zu beschreiben, macht einfach Laune und begeistert mich seit Jahren. Wie oft habe ich mich oder meine Mitmenschen in seinen Songs schon wiedererkannt...
Das gut gefüllte Jovel steht nicht mehr dort, wo es mal war, stellt Stoppok fest und freut sich, den Weg zum neuen Standort doch noch gefunden zu haben und überhaupt; wieder in Münster spielen zu dürfen. Er bringt Klassiker wie Aus dem Beton, Schwafel nicht oder Learning By Burning, und Neues vom Popschutz-Album relaxt und derart sympathisch herüber dass es eine wahre Freude ist. Ganz nebenbei hat er stets einen Joke auf den Lippen, verspielt sich einfach mal oder vergisst den Text. Die Leute im Publikum lieben ihn dafür, singen mit und haben Spaß, weil Stoppok ihn auch hat. 
Kurzum, der Mann reisst die Meute in einer Art und Weise mit dass ich mich wundere, warum er keinen Status wie Grönemeyer oder Westernhagen hat. Andersrum betrachtet muss man, und das merkt er selbst an, eigentlich dankbar sein, dass seine Songs von der breiten Masse ignoriert werden: Da sich seine Musik in keinem Radio abnutzen kann, mag er auch heute noch Songs seiner älteren Platten bringen, ohne das Gefühl zu haben, dass das Publikum sich dran sattgehört haben könne.

Stoppok lässt sich zu zwei Zugaben hinreissen und hinterlässt ein begeistertes Publikum. Meine holde Gattin, mich sowieso, hat der Ruhrpottmusiker als Fan hinzugewonnen und wird uns sicher wiedersehen...

Eine gute Nacht und einen schönen zweiten Advent wünscht

Euer Münsterland ROCKS !!!

-Und nochmal sorry für das schlechte Foto-

29. November 2014

T.E.R.M.I.N.E.

Werte Rockfans und -innen

Für dieses Wochenende habe ich leider keine wesentlichen Ratschläge für Euch *heul*. Verbringt, wie ich das auch mache, Eure kostbare Zeit doch einfach mal mit Frauchen oder Herrchen auf dem Sofa oder nehmt ein gutes Buch in die Hand.
Zeit für gute Musik solltet Ihr Euch dann aber am 6.Dezember, also am kommendes Wochenende, nehmen. Denn dann gibt es gleich zwei Möglichkeiten, seinen Ohren mal wieder was Gutes zu tun. Zum einen macht die Bluesinitiative Bluesnote aus Rheine auf ein echtes Highlight aufmerksam: 

Die britische Blueslegende Nine Below Zero gastiert im Hypothalamus und sollte echten Bluesfans eine Anreise wert sein. Mehr Infos zu dem Event bekommt Ihr unter: www.bluesnote.org


Empfehlung Nummer zwo, und da bin ich dann selber mit Anhang zugegen, ist Stefan Stoppok. Der stellt sein neues Album "Popschutz" im Jovel Münster vor, was sicher ein nicht minder hörenswertes Konzert werden wird.
Auch hier natürlich Infos aus erster Hand von mir: www.jovel.de


Viel Spaß wünsche ich Euch !!!

26. November 2014

Quatern mit : Udo Hölscher

So, liebe Freunde der gepflegten Münsterland-Musik. Das versprochene Interview mit dem guten Udo Hölscher liegt nun vor und darf gelesen werden. Ich wünsche Euch viel Spaß mit einigen interessanten Neuigkeiten aus Burgsteinfurt:



Hallo Udo. Möchtest Du Dich und Deine Musik den Münsterland - ROCKS Lesern kurz vorstellen?

1963 in Rheine geboren und mit einigen musikalischen Genen versorgt, begann ich 1979 die Gitarre, den Gesang und das Spielen in einer Band für mich zu entdecken. Von der „Schülerband“ bis zur „Feierabend- oder Wochenendband“ ist es bis heute die schönste Nebensache der Welt geblieben. Ich habe von Beginn an immer auch komponiert und getextet, aber nur zwei Alben veröffentlicht, die kaum auf Resonanz stießen. Das waren unter dem Gruppennamen „Southern Range“ die CD „Have you heard the news?“ (1994 in kleiner Auflage) und unter dem Label „Darkroom“ das weltweit als Download verfügbare „Sexchanger“ (2010), welches erstmals im eigenen Studio produziert und aufgenommen worden ist aber ohne Promotion in die Welt entlassen wurde, weil einfach die wichtige Zeit für die Nachbereitung, sprich Werbung gefehlt hatte.


Wie bist Du dazu gekommen, diese softe aber intensive Musik zu machen ? Brauchst Du manchmal einen Gegenpol zum Alltagsstress?

Vielen Dank für die Beschreibung „intensive Musik“! Dass die meisten Songs eher ruhiger geworden sind, war nicht geplant. Aber ich ertrage keine Musik, die Banalitäten oder künstliche Gefühle in die Welt setzt. Es soll auch keine „Musik für Musiker“ sein, mit ultraschnellen Highend Gitarrensoli, die selbst mir als Gitarrist auf die Nüsse gehen.
Ich habe zwischendurch häufig Jackson Browne, Edith Piaf oder Jacques Brel gehört und war von der Intensität des Vortrags und der Magie der Texte in Harmonie mit der Musik völlig überwältigt. 
Vielleicht konnte ich einen kleinen Teil davon für mich umsetzen.

Wie kommst Du auf die Texte, verarbeitest Du spontane Einfälle oder ist das eher harte Arbeit ? Wann hast Du die besten Ideen?

Ich habe jeden Tag mit vielen Menschen zu tun, mit Ihren Problemen, Ängsten und Nöten. Das alles muss ich irgendwie und irgendwo sortieren und verpacken. Die besten Texte benötigen vielleicht 30 Minuten. Einfach herunterschreiben, was gerade in der Seele brennt. 
Die besten Ideen habe ich, wenn mich irgendetwas berührt hat. Das kann eine Situation sein oder auch nur ein Satz, der vielleicht belanglos gefallen ist. Ansonsten ist Musik 10% Inspiration und 90% Transpiration. Denn von der Idee bis zum fertig produzierten Song ist es viel Handarbeit.


Scripted Reality ist ja Deine erste Platte als Solokünstler. Gibt es bald mehr von Dir zu hören?

Es ist ja keine reale Platte, denn physisch existiert das Album gar nicht. Als ich SCRIPTED REALITY zwischen Mai und Oktober aufnahm, holte ich viele meiner früheren Songs aus dem digitalen Archiv hervor. Immer wenn ich gerade keine Ideen für neue Stücke hatte, nahm ich mir einen vorhandenen Song vor und änderte hier und da etwas an der Instrumentierung oder habe gleich das ganze Stück neu eingesungen. 
Somit ist das nächste Album, welches HOTEL HEADROOM heißen wird, fast fertig.
Davon kann man bereits einige Titel online in der Soundcloud hören. Anknüpfend an die Stimmung von SCRIPTED REALITY soll im kommenden Jahr der Nachfolger erscheinen. Für dieses Album BACK & FORTH sind 4 Titel bereits fertig produziert.


Ich habe Deine CD gehört und ehrlich gesagt mit allem gerechnet, aber nicht mit einer derart professionellen Produktion. Hattest Du Hilfe von außerhalb oder stemmt man sowas auch allein ?

Vielen Dank für dieses Lob! Dann ist ja produktionstechnisch alles gut gegangen. Nein, Hilfe hatte ich nicht obwohl ich anfangs überlegt hatte, die Songs in einem professionellen Studio mastern zu lassen. Das heißt, die beiden Stereospuren, die ja letztendlich übrig bleiben noch einmal mit sauteurem Equipment und durch unbedarfte Ohren veredeln zu lassen. 
Dann habe ich mir bei Youtube unzählige Videos zu diesem Thema angesehen und es schließlich selber versucht. Mein Equipment dazu ist ein handelsüblicher PC, ein USB-Interface, um die Musik in den Rechner zu bekommen und eine entsprechende Musiksoftware. 
Der Rest war „learning by doing“. Musikalisch hatte ich natürlich Hilfe. So halfen mein Bruder Wolfgang Hölscher am Schlagzeug, der Bassist Bruno Burke, mit dem ich in einer Band spiele und Martin Knott, den ich über Ebay Kleinanzeigen kennen lernte, an der Violine mit.


Wo können die Leute Deine Platte überhaupt kaufen ? Man erwartet einen Künstler aus dem Münsterland ja nicht unbedingt in den großen Geschäften oder Internetportalen...

Derzeit gibt es die CD nicht physisch im Plattenladen zu kaufen, sondern ausschließlich als Stream oder Download. Aktuell ist das Album in den Downloadportalen von Spotify, Amazon (weltweit), Medion, iTunes und vielen anderen verfügbar. Da ich (fast) alles in Eigenregie mache und das auch so bleiben soll, fehlt mir für die weitere Vermarktung einfach die Zeit und die Möglichkeit.


Gibt es in absehbarer Zeit Auftritte von Dir und : Dürfen wir mehr erwarten?

Auftritte würde es geben, wenn ich mit meiner Musik so viel Erfolg verbuchen könnte, dass sich so etwas lohnen würde. Aktuell bin und bleibe ich nebenbei der Gitarrist in EVAS BLUES BAND, mit unserem gemütlichen Übungsraum im Wohnzimmer und meinem kleinen Studio in der ersten Etage.


Welcher Song ist Dein Favorit von Scripted Reality?

Ganz schwere Frage! Frage mal eine Mutter nach ihrem Lieblingskind! Aber ich habe tatsächlich 2, nämlich SAVIOR und IN YOUR ARMS. Morgen könnten das schon wieder 2 andere sein…


Die letzte Frage: Welchen Künstler, welche Band aus der Gegend muss Münsterland - ROCKS Deiner Meinung nach unbedingt vorstellen?

Da fällt mir spontan der Martin Knott aus Münster ein. Er hat zwar bei dem Album mitgespielt, nur ich kenne ihn nicht einmal wirklich. Habe mit ihm telefoniert und gefragt, ob er Lust hätte sich zu beteiligen. Dann habe ich ihm meine bereits aufgenommenen Spuren geschickt, er hat seinen Teil dazu gespielt und mir das wieder zurück geschickt. Schon sehr praktisch so ein Internet! Aber er scheint wohl ein Multitalent zu sein. Einfach mal bei Facebook suchen.



Udo, vielen lieben Dank für die interessanten Einsichten. Ich werfe den Haken demnächst mal in Richtung Münster aus...